Mein PKV-Beitrag wird mir zu teuer. Lohnt sich ein Wechsel zu einem anderen Tarif meines Anbieters?

Ich bin seit mehr als zehn Jahren im gleichen Tarif bei meiner Privaten Krankenversicherung. Nach der letzten Erhöhung zahle ich aber einen meines Erachtens viel zu hohen Beitrag. Ich würde ihn gerne reduzieren und in eine günstigere Versicherung wechseln, möchte aber auch meine Alterungsrückstellungen nicht verlieren.

 

Nun habe ich gehört, dass es möglich ist, innerhalb des Angebots meines bisherigen Versicherers in einen anderen, günstigeren Tarif zu wechseln, ohne, meine Ansprüche zu verlieren. Ist das richtig? Und wenn Ja: Was muss ich dabei beachten und welche potenziellen Haken könnte es eben?

 

Unsere Antwort von KV-Profi Thorulf Müller:

Zuerst und vorab: Ja, dieses Recht auf den Wechsel des Tarifs bei Ihrem bisherigen Anbieter haben Sie, und der Tarifwechsel ist einem Wechsel des Anbieters immer vorzuziehen.

Thorulf Müller

Thorulf Müller

Die rechtliche Grundlage ist § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG):

(1) Bei bestehendem Versicherungsverhältnis kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer verlangen, dass dieser
1. Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung annimmt; soweit die Leistungen in dem Tarif, in den der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in dem bisherigen Tarif, kann der Versicherer für die Mehrleistung einen Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch eine Wartezeit verlangen; der Versicherungsnehmer kann die Vereinbarung eines Risikozuschlages und einer Wartezeit dadurch abwenden, dass er hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart; bei einem Wechsel aus dem Basistarif in einen anderen Tarif kann der Versicherer auch den bei Vertragsschluss ermittelten Risikozuschlag verlangen;

Was gleichartig ist, ist in § 12 der Kalkulationsverordnung (KalV) definiert. Zusatzversicherung und Vollversicherung sind zum Beispiel nicht gleichartig.

Über welche anderen Tarife Ihr PKV-Anbieter verfügt, kann man ohne Kenntnis Ihrer Gesellschaft und Ihres aktuellen Tarifs nicht sagen. Die Gesellschaften sind regelmäßig eher zurück haltend, wenn man anfragt und bieten oft nicht ideale Tarifwechsel an.

Die Fallstricke sind aber dennoch vielfältig. Das beginnt mit der Frage was Mehrleistungen sind. Oft wird auch vergessen, dass ein anderer Tarif auch Minderleistung haben kann. Diese Minderleistungen werden aber mit den Mehrleistungen nicht verrechnet. Im schlimmsten Fall bekommen Sie also alle Nachteile des neuen Tarifs unter Ausschluss aller Vorteile.

Es sollte auch bedacht werden in welcher Welt Sie aktuell versichert sind (alte Welt, neue Welt oder Unisex) und in welcher Welt welche Tarife überhaupt zur Verfügung stehen. Dabei geht es auch um die Frage, ob Sie Ihr Anrecht auf den Standardtarif der PKV (nicht Basistarif) behalten.

Insgesamt ist aber ein Tarifwechsel dem Wechsel des Anbieters immer vorzuziehen. Warum?

Sie verlieren bei einem Wechsel des Anbieters alle erworbenen Rechte. Dazu gehört aktuell das Recht auf den Standardtarif, dass der Versicherer weder eine Anfechtung noch einen Rücktritt wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht erklären kann (10 Jahre versichert), Bisex-Tarife und Ihre bisher gebildete Alterungsrückstellung. Es kann auch zu massiven Problemen kommen, falls gerade Nachwuchs unterwegs ist und das Kind in den ersten drei Monaten nach dem Anbieterwechsel geboren wird (Frist Kindernachversicherung).

Die Alterungsrückstellung Ihrer bisherigen PKV ist die Differenz zwischen Ihrem aktuellen Beitrag und dem Beitrag den Sie für diesen Tarif bezahlen müssten, wenn Sie ihn heute neu abschließen (Anrechnungsbetrag oder Umtariferungsnachlass).

Folgenden Hinweis möchte ich Ihnen auf Ihre Frage mit auf den Weg geben: Sie sagen, dass Ihre PKV einen zu hohen Beitrag hat. Das ist regelmäßig nicht richtig. PKV Tarife sind zu günstig und nicht zu teuer. Die PKV ist auch kein Produkt, das einen Beitrag hat, sondern ein lebenslanges Dauerschuldverhältnis mit einer Beitragsanpassungsklausel.

Die Kunden eines Kollektivs (Unisex Alterskohorte / Bisex Alterskohorte nach Geschlechtern getrennt) müssen von heute an insgesamt den Betrag aufbringen, den sie bis zum Ende gemeinschaftlich verbrauchen werden.

Wenn ein Versicherer für ein in etwa gleichwertigen Leistungsumfang eine deutlich niedrigere Prämie nimmt, als Sie derzeit bezahlen, dann stellt sich die Frage, wie das bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen (GOÄ/GOZ/KHEntgG, etc.) möglich sein soll. Insbesondere wenn Sie dabei noch bedenken, dass Sie eigentlich Ihren aktuellen Neugeschäftsbeitrag (also Zahlbeitrag plus Anrechnungsbetrag) zu Grunde legen müssen.

Nach einer mehr als 10 jährigen Versicherungszeit bei einer PKV verbietet sich in meinen Augen, mit Ausnahme einiger ganz weniger PKV-Versicherer, ein Wechsel des Anbieters grundsätzlich.

Zum kurzfristigen Beitragsvorteil des Anbieterwechsels gilt: 3 Jahre sparen und 30 Jahre nachzahlen!

Zum Tarifwechsel bleibt anzumerken, dass Sie sich professionelle Unterstützung holen sollten. Der Versicherungsmakler, wenn Sie jemanden haben, macht das gerne unentgeltlich, da er von Ihnen keine Honorare verlangen darf. Es stellt sich natürlich die Frage, warum, er für Sie tätig werden sollte. Wenn sich das vollständige Mandat für ihn rechnet, wird er es aber tun.

Bei den Versicherungsberatern gibt es die, die Beratung zu Tarifwechseln gegen feste Honorare anbieten, auf der Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und die, die ein Erfolgshonorar (aus der Ersparnis) verlangen. Erfolgshonorare sehe ich kritisch und laut einem derzeit noch nicht rechtskräftigen Urteil sind die auch nicht zulässig.


Unser Experte

Thorulf Müller

Thorulf Müller

Thorulf Müller ist derKVProfi. Er hat seinen Beruf, Versicherungskaufmann IHK mit Schwerpunkt Krankenversicherung von der Pike auf bei einem der größten privaten Krankenversicherer in Deutschland gelernt.

Nach vielen Jahren im Vertrieb und in den Bereichen strategisches Vertriebsmanagement, Strukturveränderungen, Projektmanagement für eine neue geschäftliche und strategische Ausrichtung, Entwicklung neuer Geschäftsfelder, M&A und Produktmanagement ist er seit Ende 2004 als Berater, Produktmanager, Referent und Trainer tätig.

Er beobachtet und bewertet den Markt mit inzwischen schon legendärer und bissiger Direktheit. Zwischenzeitlich ist er überwiegend journalistisch und publizistisch tätig! Seine Kolumnen und Artikel sind beliebt und gefürchtet. Sie finden ihn auf Der-KVprofi.de. Außerdem betreibt er Versicherungsblogwatch.de.

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe