Ausgerechnet – Der GDV!

Pest oder Cholera?

Man könnte es martialisch auch einen Zwei-Fronten-Krieg nennen. Neu ist die „Deckel-Front“: Der GDV ruft – vereinfacht gesagt – den Gesetzgeber an. Dieser möge die Provisionen der Vermittler gesetzlich begrenzen: deckeln. In etwa so ist die Berichterstattung der „Süddeutschen“ (SZ) zu Provisions-Deckelungen in Leben zu erklären. Eine politische Initiative dazu gibt es nicht. Aktiv ist nur der GDV! Der Maklerdienstleister Maxpool nannte die Deckelungs-Pläne des GDV am Donnerstag in einer Pressemitteilung eine Entscheidung zwischen „Pest und Cholera“. Weitere Stimmen und Stimmungen zum „Deckel“ gibt es aktuell bei Procontra.

Um die neue Front, die der GDV ohne Not eröffnet hat, kurz zu erklären: Laut der „Süddeutschen Zeitung“, und vom GDV nicht direkt dementiert, diskutieren die Lebensversicherer zwei neue Provisionsmodelle: In einer Version sollen die Vergütungen des Vertriebs auf vier bis viereinhalb Prozent der Beitragssumme des Lebens- oder Rentenversicherungs-Vertrags gedeckelt werden. Das klingt marktüblich – ist es auch (wenn man Strukkis außer Acht lässt). In einer zweiten Version sollen zwei von vier Prozent der Provision über die Laufzeit des Vertrages („ratierlich“) verteilt werden. Und: „Mehr als einen Jahresbeitrag soll es nie [an Provision] geben“, schreibt die SZ.

Es bleibt alles beim Alten – oder?

Zwischenfazit: Vier oder viereinhalb Prozent, früher oder teilweise später bezahlt, sind das gewohnte und geübte Branchenniveau. Bis hierher betrachtet müsste kein Normal-Vermittler leiden. Probleme könnten damit nur Strukkis bekommen, die nach SZ-Berichten bis zu sieben Prozent Provision kassieren. Legal wäre das übrigens! Zumindest seit 22. Februar 2008. Da hob die Versicherungs-Aufsicht BaFin ein (für Versicherer rechtlich verbindliches) „Rundschreiben“ 5/1995 auf. Begründung: Es gebe ja inzwischen die Offenbarungspflicht zu den Abschlusskosten – der die Versicherer auf inzwischen 80 Seiten Papier-Angebot treulich nachkommen. Bis dahin waren Abschlusskosten (also der materielle Rahmen für das erlaubte Provisions-Volumen) auf vier Prozent der Beitragssumme eines Lebensversicherungs-Produktes begrenzt.

Wollte (und musste) der Versicherer Mehr-Zahlungen an hoch produktive und hoch gierige Vertriebe leisten, halfen meist Organisations-, Werbe-, Gründungs-, Büro- oder weitere kreativ generierte Zuschüsse, um auf vier Prozent plus X zu kommen. Das entfällt seit 2008: Der (böswillig gierige?) Versicherer könnte bis heute legal und ungestraft durchaus acht Prozent Vertriebskosten „vereinbaren“ (was auf 80 Seiten Papier gern untergeht). Hauptsache, die Wuchergrenze von 200 Prozent des „Marktüblichen“ wird eingehalten.

Außerdem will der GDV laut SZ künftig ein Vertragsvermögen gewährleisten, dass nach zehn (bisher etwa 20) Jahren die eingezahlten Beiträge zum Beispiel einer Rentenversicherung erreicht – auch bei einem Prozent „Garantiezins“ (der demnächst tatsächlich von 1,75 auf 1,0 Prozent sinken könnte). Dadurch wurde der Provisionssatz effektiv auf 1,5 Prozent fallen.

Die erste Front bleibt

Die „erste Front“ des GDV und seiner LV-Konsorten ist die Zillmerung: Jahrzehntelang hat sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherer gegen den „zweiten Tod des August Zillmer“ erklärt. Provisionen seien quasi unabwendbarer Bestandteil der Versicherungsberatung. Bei der Zillmerung geht es darum, dass der Kunde die Abschlusskosten von meist vier Prozent der vertragsmäßig vorgesehenen Beitragssumme nicht sofort zahlen muss, sondern „abstottern“ kann. Vier Prozent sind bei 100.000 „Plan“-Beitragssumme immerhin 4.000 Euro – die der Kunde nicht vorstrecken muss. Wie geht das? Ganz einfach: Der Versicherer lässt den „Sparvertrag“, die Lebensversicherung, einfach statt bei Null mit 4.000 Euro im Minus starten. Statt Vermögen anzuhäufen, trägt der Kunde mit seinen ersten zwei bis drei Jahresbeiträgen erst einmal seine „Schulden“ ab.

Inzwischen hat der Bundesgerichtshof die gängigen Klauseln zur „Zillmerung“ vielfach „vernichtet“ (so nennt es Ombudsmann Prof. Hirsch) und die Versicherer und Gerichte kommen kaum nach, diese rechtliche Lücke sinnvoll auszufüllen. Auch Laien haben schon von der so genannten „Salvatorischen Klausel“ gehört, mit der unwirksam (gewordene) Vertragsteile im Sinne des ursprünglichen Vertragsgedankens ersetzt werden sollen.

Keine Entwarnung

Auch reduzierte Provisionen werden, solange gezillmert wird, unter fortgesetzter juristischer Beobachtung stehen. Wenn es dumm läuft, dann wird dem GDV und seinen LV-Versicherern erstens die Zillmerung letztlich höchstrichterlich untersagt und zweitens die reduzierte Provision – die nicht anderes als eine reduzierte Zillmerung ist – verboten.

Die Provisionskürzung auf Verlangen ginge als Schuss nach hinten los.

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe