Sprechstunden beim @Assekuranzdoc: Hinter sieben (Rating-)Siegeln?

Irgendwie ist die Sache mit den Siegeln Mythos behaftet, geheimnisvoll. Schön und gut. Aber sollte es mit den neuzeitlichen Siegeln nicht ganz anders sein? Mit den Siegeln für Rating- Ergebnisse? So sollten diese dem potentiellen Kunden doch eher die Stärke von Produkten zeigen und für Transparenz stehen.

Was aber, wenn sich hinter sieben Siegeln deutlich mehr verbirgt?

Sind Rating- Siegel zur Massenware verkommen ?

Der aufmerksame Kunde und viele Versicherungsvermittler kommen aktuell an der Diskussion um Ratingergebnisse und deren bunte Siegel nicht vorbei. Spätestens die Meldung über die Planungen zur rapiden Erhöhung der Gebühren für die Siegel der Stiftung Warentest von rund 500 EUR pro Siegel auf mehr als das Zehnfache hat öffentliche Aufmerksamkeit erregt.

Siegel in der Versicherungsbranche von diversen Ratingagenturen oder Vergleichsprogramm-Anbietern mit diversen Sternen, Kreisen oder Mehrfachbuchstaben gab es schon immer zur Marketing-Verwendung, wenn Gebühren mindestens im vierstelligen Eurobereich gezahlt wurden.

Ging es nicht um einzelne Produkte, sondern um Ratings der Versicherer, dann musste die Geldbörse noch deutlich weiter geöffnet werden. Und trotz dieser Gebühren für Rating-Siegel hat die Anzahl der Versicherer, die die höchstbewerteten Siegel ihr Eigen nannten, ständig zugenommen. Gab es vor fünf Jahren bei einem der „Vergleicher“ nur ca. 34 Siegel, so sind es heute fast zehnmal so viele. Es scheint, dass man mit Siegel gutes Geld verdienen kann, auch dann, wenn die fachlichen Grundlagen der Bewertung häufig nicht fehlerfrei sind.

Oder sind inzwischen alle Versicherungsprodukte in den letzten Jahren so gut geworden?

Interessant ist auch die Rolle einzelner Vergleichsprogramm-Hersteller, die auf Wunsch – also gegen Sondervergütung – anbieten, bestimmte Produkte einem Coaching (oder sollte man sagen „einem Aufpimpen“) zu unterziehen. Wenn dies der Produktverbesserung im Kundeninteresse dient, ist das sicher kein Problem. Wenn aber der Weg an die Spitze von Ratings über das Hinzufügen von  teilweise fragwürdigen Analyse- oder Zusatzkriterien erreicht wird, dann ist das mindestens wettbewerbsbeeinflussend. Mit solcher Art Sonderservice sind bis zu sechsstellige Sondereinkünfte für die Anbieter verbunden.

Bringt ein Topp- Siegel auch Sorglosigkeit für den Kunden?

Die Fülle der sich teilweise widersprechenden Siegel ist für Makler, Berater oder gebundene Vermittler problematisch, denn es gilt aus einem Überangebot von 30 oder 40 spitzenmäßig gleich bewerteten Produkten auszusuchen, welches Produkt für den einzelnen Kunden das richtige ist.

Weder für den Kunden noch für den Vermittler bedeutet aber ein Topp-Siegel auch die lebenslange Sorglosigkeit mit der Produktauswahl. Zu oft hat es schon böse Überraschungen gegeben. Es sei an diverse Rating-Ergebnisse zu Lehmann Brothers erinnert, die noch am Morgen des Zusammenbruchs des Finanzhauses Topp- Ratings attestiert bekamen. Anderes Beispiel: Ein BU- Produkt eines deutschen Anbieters führt seit fast 10 Jahren die Höchstbewertung in einem Rating, obwohl der Versicherer seit Jahren an der Spitze der Kundenprozess- und Beschwerdeqouten der Assekuranz „glänzt“.

Haftungsfrage bleibt beim Makler

Für Makler können Rating- Siegel eine Orientierung und eine Empfehlung sein. Aber die gewünschte Sicherheit für die Beratung bringen diese nicht.

Die Verantwortung bleibt beim Makler sowie seiner Art und Weise der Beratungsdokumentation.

Aber warum ist die Orientierung zwischen den Siegeln so schwer?

Wenig transparente Bewertungskriterien, voreingestellte Filter oder nicht berücksichtige, aber für den Kunden wichtige Kriterien bei inzwischen immer komplexer gewordenen Vergleichsprogrammen können eine Haftungsfalle darstellen. Kompliziert wird es auch dadurch, dass die Kundenberatung sich ja nicht nur um ein ausgewähltes Risikodetail drehen soll, sondern eine ganzheitliche Beratung des Kunden in all seinen Facetten aus Möglichkeiten, Bedürfnissen und Wünschen gefragt ist.

Und die bilden die meisten „Siegel“ – Anbieter noch nicht ab.

Fazit:

Ratings und Siegel gibt es genug, gefragt ist Beratungsunterstützung, die die komplexe Beratung des individuellen Kunden erleichtert, und die Auswahlkriterien transparent nachvollziehbar macht. Bis auf erste Ansätze ist da aber am Markt noch wenig zu finden. Oder ist die Lösung hinter sieben Siegeln nur gut behütet, weil Intransparenz so schön unvergleichbar macht?

Also doch nicht jedem ein Siegel, sondern jedem sein Siegel!

 


 

Dr. Peter Schmidt

Unternehmensberater im Bereich Versicherungen mit langjähriger Erfahrung als  Führungskraft und Vorstand im Bereich Personenversicherung / Maklervertrieb bei deutschen Versicherern und twittert als @Assekuranzdoc.

 

 

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