„Das Investment“ und die Textaufgabe

Ein Fachkommentar von Markus Rieksmeier

Lobenswert! Das Investment stellt praxisbezogene Trainings-Aufgaben an Finanzberater und folgt damit einem Vorbild des Versicherungsmagazins und dessen (historischer?) Zusammenarbeit mit dem Rechen- und Verkaufstrainer Bernd W. Klöckner.

In der Praxis steht auch der finanzmathematisch begabte Finanzberater den oftmals wirren Vorstellungen des Kunden gegenüber. Solche Einordnungsprobleme, diesseits aller Mathematik, schildert wiederholt auch der Finanzanalytiker Volker Looman in der FAZ – und zwar seit 1999!

In der Sache folgt Das Investment den Vorgaben des Kunden, leider. Denn die Vorgaben werden genau so vage formuliert wie es der Kunde meist tut. Mit anderen Worten: Aus den Anforderungen der Testaufgabe lässt sich die finanzmathematische Herausforderung nicht ablesen, allenfalls interpretieren.

Ein Versuch der Rezeption:

Der Kunde sei 65 Jahre alt, ansonsten ein gut versorgter Eigenheimbesitzer mit einem Steuersatz von 25 Prozent. Er möchte 250.000 Euro anlegen und daraus eine lebenslange Rente (was sonst? Rente = lebenslang) beziehen. Der Anlagehorizont soll „20 bis 30“ Jahre betragen und das Kapital soll erhalten bleiben, zumindest für die ersten „10 bis 15“ Jahre. Was denn nun?

Soll der Berater für 20 oder 30 Jahre Anlagezeit rechnen (das wären zwei klare Berechnungen)? Oder soll er eine Art Zins-Korridor zwischen 20 und 30 Jahren ermitteln (wäre ein Durchschnitt 25 Jahre in Ordnung)? Soll das Kapital denn nun ganz – und ewig – erhalten werden oder nur für 15 Jahre? Allein diese Vorgabe ist mangels Rückkanal, mangels Rückfrage-Möglichkeit ein: Geschwurbel.

Solche Vorgaben dürfen Kunden machen – nicht aber Fachmagazine! Das Investment präsentiert auch eine erste Lösung aus ihrem Leserkreis. Die Antwort aus der Leserschaft ist: Ein Geschwurbel. Verbal ausladend formuliert – so dass es der Kunde garantiert nicht versteht. Versprochen. Eine Kostprobe:

„Eine Kombination aus risikobegrenzten Zinsanlagen, verbunden mit einer breiten Streuung substanzhaltiger Aktienwerte führt zu einer insgesamt risikoadjustierten Vermögensanlage, die – ein intaktes Kapitalmarktumfeld vorausgesetzt – langfristigen Kapitalerhalt ermöglicht. Besonnenes aber konsequentes Reagieren auf sich verändernde Marktgegebenheiten und Nutzen steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten bilden weitere wichtige Bausteine in der Umsetzung und Begleitung der gewünschten Ziele.“

Dazu kommen irgendwann Wertpapier-Kennnummern und eine unbenannte fondsgebundene Rentenversicherung mit unklar bezeichneter Lauf- und/oder Sparzeit.

Wer als Finanzberater die Herausforderung liebt: Das Investment

PS. Bei klarer Anforderung wird der Autor dieser Zeilen seinen finanzmathematischen goldenen (davon gibt es nur drei!) BWK Business Taschenrechner anwerfen und vor- und nachrechnen. Versprochen!

In Kooperation mit der <br>INTER Versicherungsgruppe